8. März 2023

Zeit ist Geld? Unsere Zeit ist viel mehr.

Lebenszeit – ein großer Begriff, der uns tendenziell häufiger über die Lippen kommt. Wenn wir darüber reden, ist der Kontext meistens weniger positiv, denn meist merken wir erst wenn es schlecht gelaufen ist, was uns jetzt (gefühlt unnötig) Lebenszeit gekostet hat. Wie können wir, gerade im Business-Kontext, bewusster damit umgehen?

„Wie bewusst gehst Du mit Deiner Lebens­zeit um?“ Diese Frage hat mich spätes­tens seit einem – mein Kardio­loge nannte es treffend „life event“ – sehr intensiv beschäf­tigt. Dass diese Ressource wesent­lich zu tun hat mit meinem Fokus, meinen Möglich­keiten das Leben angenehm zu gestalten und damit auch meinem Glücks­ge­fühl, liegt auf der Hand.

Die Erfah­rungen der letzten Monate, gerade Ende 2022, haben bei mir aller­dings forciert, das Thema mal wieder in den Fokus zu rücken und im geschäft­li­chen Kontext zu betrachten. Als Trainings-Anbieter erleben wir viele Menschen mit Vertriebs- und Manage­ment­auf­gaben bei unseren Kund*innen, deren mitt­ler­weile tägliche Routinen die Ressource Lebens­zeit im höchsten Maße unnötig vergeuden.

Lebens­zeit in Meetings

Ein Meeting folgt dem nächsten. Gerade in größeren Orga­ni­sa­tionen können Menschen locker die Woche nur mit Meetings verbringen. Viel schlimmer ist aller­dings: Praktisch kein Meeting kann sinnvoll vorbe­reitet oder nach­be­reitet werden. Viele kommen – wenn auch nur wenige Minuten – später in das Folge­mee­ting, weil das vorher­ge­hende noch ein wenig länger gedauert hat.

Machen wir uns klar, was das bedeutet:

  • Das alte Meeting konnte nicht abge­schlossen, geschwiege denn doku­men­tiert oder nach­be­reitet werden. Damit bleibt das Meeting als Ballast auch komplett im Kopf erhalten.
  • In das neue Meeting stolpert der Prot­ago­nist praktisch hinein. Erfahrung und eloquentes Auftreten verbergen das etwas – in Wahrheit sind die ersten Minuten uneffektiv.
  • Zwischen den Meetings gibt es praktisch keine Ruhephase für Abschalten oder Umschalten; häufig nicht einmal für Trinken, Essen oder sogar die dazu komple­men­tären mensch­li­chen Bedürfnisse.
  • Und wenn der Tag dann größ­ten­teils in dieser Routine zum normalen Ende kommt, müssen die Meeting-„Reste“ erst noch entsorgt werden: Auch in das vor-vor-vor-vorletzte Meeting gilt es sich nochmals zurück­zu­denken, die wich­tigsten Maßnahmen zu forcieren oder Ergeb­nisse zusam­men­zu­fassen und zu kommu­ni­zieren – an die richtigen Leute. Ach ja – wer war nochmals tatsäch­lich dabei in dem Meeting?

Auf die Auswir­kung auf die Moti­va­tion und Gesamt­be­find­lich­keit dieser Fremd­steue­rung will ich hier nicht eingehen.

Die Zeit effektiv und gut nutzen

Wie kann es besser gehen? Dazu gibt es schon jede Menge Tipps und gute Anlei­tungen: Wer sollte teil­nehmen, wer braucht nicht dabei sein, wer leistet welchen Beitrag, wie stoppen wir den Rede­schwall einzelner, wie verhin­dern wir Abschweifen, usw.

Ich möchte hier nur ein paar Tipps für die Meetings geben. Und klar – mit den Meetings meine ich natürlich die richtigen, normalen Meetings. Es gibt immer Ausnahmen

1. Beginn: 10:05 Uhr statt 10:00 Uhr

Das Meeting setzen wir nicht (wie sonst typisch) genau auf die volle oder halbe Stunde an. Warum? Die Aufmerk­sam­keit ist höher: Alle Meetings beginnen um 10:00 Uhr – unseres um 10:05 Uhr. Die Reaktion: Huch – 10:05 Uhr, warum denn das?

Start-Puffer hilft: Viele Menschen – vor allem wichtige – kommen immer 1–2 Minuten nach dem offi­zi­ellen Beginn ins Meeting. Nun speichern viele gedank­lich 10:05 Uhr als 10:00 Uhr ab. Und siehe da, im Durch­schnitt ist die Pünkt­lich­keit schon besser.

2. Ende: 10:50 Uhr statt 11:00 Uhr

Wir setzen das Ende nicht auf die volle Stunde an. 10 Minuten bieten zwei Puffer:

  • Wenn alle Stricke reißen – wir wollen ja keine Unmen­schen sein – können wir für Folge­ter­mi­nie­rung o. ä. 5 Minuten dazugeben.
  • Für die 5 Minuten Puffer vor der vollen Stunde (und dem nächsten Meeting, das exakt z. B. um 11:00 Uhr beginnt) ist uns jede*r Teilnehmer*in dankbar: endlich einen Kaffee, Wasser oder die Toilette ganz kurz.

3. Dauer & Pausen: 45 Minuten

Die 45 Minuten sind die bekannte optimale Aufmerk­sam­keits­dauer. Entweder über­schreiten wir diese im Meeting nicht – oder wir unter­teilen die längere Dauer mit Pausen. Ob wir‘s nun glauben oder nicht: Alle Unter­su­chungen beweisen, dass die Ergeb­nisse mit besserer Energie und Aufmerk­sam­keit signi­fi­kant besser sind. Pausen sind mit die am effek­tivsten einge­setzte Lebenszeit.

Und erlauben Sie mir noch zwei kurze Appelle an der Stelle:

Appell 1: Kultur wird durch Menschen gemacht

Für die Meeting-Kultur, den pünkt­li­chen Start, das defi­nierte Ende, die Pausen etc. sind alle verant­wort­lich. Also auch wir! Wenn es uns wichtig ist, versuchen wir einfach, es möglichst so zu leben. (Klar, das geht nicht immer, wenn andere das Meeting führen. Dann tun wir es wenigs­tens bewusst, wenn wir die Führung haben.)

Appell 2: Verant­wor­tung für andere Menschen

Der Appell geht an die Leads / Chefs. Wir haben hier auch die Verant­wor­tung über unsere Mitarbeiter*innen und Teams. Nehmen wir sie wahr! Unterm Strich ist der Schaden deutlich größer, wenn wieder mal ein*e Mitarbeiter*in durch Burnout lange weg ist.

Lebens­zeit bewusst einsetzen

Den richtig großen Hebel, was die optimale Nutzung von Lebens­zeit angeht, bieten aller­dings andere Aspekte im Business:

  1. Inves­tieren wir unsere Zeit in die richtigen Projekte?
  2. Wie effizient sind unsere Akti­vi­täten für ein Projekt oder Ziel?

Als gewöhn­liche Antwort auf die erste Frage gibt es genügend Tools aus dem Zeit­ma­nage­ment. Einord­nung in „wichtig“, „dringlich + wichtig“, usw. Weitere Tools beschäf­tigen sich mit Strategie, geschäft­li­chen Auswir­kungen oder anderen Qualitäten.

Die richtigen Projekte

Welche sind denn die „richtigen“ Projekte? Sehr spannend ist die Antwort auf die Frage nach den guten Projekten im vertrieb­li­chen Umfeld. Wie finden wir die Erfolg-verspre­chenden Vertriebs­pro­jekte? Wie erkennen wir Nicht-Projekte, also Anfragen, die gar keine Umset­zungs-Basis beim poten­zi­ellen Kunden haben? Wie erkennen wir Benchmark-Situationen?

Hier bietet die NUTBASER-Methodik zahl­reiche Ansätze:

  • Konse­quentes Arbeiten mit Commit­ments
    Prinzip ABC und Trep­pen­mo­dell; Kommu­ni­ka­ti­ons­tech­niken zur Schleife der Verbindlichkeit
  • Klären und Heraus­finden der wichtigen Infor­ma­tionen, welche als „Marker“ für Qualität und Fort­schritt eines Projektes heran­ge­zogen werden können
    Zum Beispiel banale Aspekte wie: 
    • Qualität der Anfor­de­rungen: Bei einem wirklich konkreten Projekt hat sich der Kunde meist konkret mit dem Thema ausein­an­der­ge­setzt. Wenn er sich erstmal bei uns dazu „aufsch­laut“ ist das eher ein Indiz, dass dieses Projekt gerade erst initiiert wird.
    • Qualität des Zeit­rah­mens: Ein konkret geplantes Projekt hat typi­scher­weise keine Zeit­pla­nung á la „irgend­wann im zweiten Halbjahr“ oder auch „asap“.

Genau hierzu bietet das Modell NUTBASER die Struk­turen als Methodik. Wenn Sie mehr dazu wissen möchten und NUTBASER noch nicht im Detail kennen, sei Ihnen empfohlen: https://nutbaser.com/training/vertriebstraining/.

Damit wir unsere Lebens­zeit optimal nutzen können, gibt es also aus dem voran­ge­gan­genen viele Empfehlungen.

Die richtigen Aktivitäten

Im Nach­hinein sind wir immer schlauer. Die Kunst besteht also darin, die Wahl der besten Aktivität vorher und bewusst vorzu­nehmen. Und diese Wahl kann, um eine gute zu sein, nur auf guten Infor­ma­tionen basieren.

Eine Lösungs-Präsen­ta­tion oder eine Bemus­te­rung etc. ist ein guter Schritt auf dem Weg zu einer gemein­samen Verein­ba­rung. Doch – ist jetzt schon die richtige Zeit dafür? Kennen wir sämtliche Anfor­de­rungen des Kunden? Werden vom Kunden alle rele­vanten Personen (ggf. Entscheider*innen) dabei sein? Wenn nein – wozu sollte die Aktion dann gut sein?

Richtig ist hier also, mit dem Kunden/Partner das gleiche Verständnis zur aktuellen Situation zu schaffen.

Wie oft ist mir passiert, dass ich mich von der Bitte des poten­zi­ellen Kunden um eine Präsen­ta­tion der Lösung geschmei­chelt, ja fast getrieben fühlte, und das als großes Entge­gen­kommen verstand. Das Gegenteil war manchmal der Fall: Die vermeint­li­chen Entscheider*innen beim Kunden wollten sich nur durch unseren Ansatz „aufschlauen“ oder wir waren nur Benchmark. Leider ist uns das nicht nur einmal passiert.

Learning daraus:

Erfolg besteht nicht darin, keine Fehler zu machen, sondern darin, den gleichen Fehler kein zweites Mal zu machen.
– George Bernard Shaw

Weniger ist manchmal mehr

Im Sinne der Ressource Lebens­zeit heißt das »Richtige« zu tun, die Aktivität mit der besten Wirkung umzu­setzen. Dies hat oft und viel mit Führung zu tun. Führen wir in der Situation den Kunden, die Partner*innen oder auch die Kolleg*innen, dann über­nehmen wir Verant­wor­tung für das Ergebnis. Und damit auch für die Qualität. Im durchaus nicht immer einfachen, aber zumindest unmit­tel­baren Fall, ist es unsere Verant­wor­tung für unser Ergebnis.

Im früherwach­senen Übermut stürzte ich mich häufig in die Termine mit Partner*innen. Anreise früh morgens mit dem PKW über 350 km und dann von 10:00–15:00 Uhr Meeting. Danach kaputt ins Auto und zurück. Sie ahnen es schon: die Qualität war so gut, dass wir fast immer eine zweite oder gar dritte Bespre­chung benö­tigten, um zum Ergebnis (Verein­ba­rung) zu kommen.

Kaum hatte ich Familie und die Zeit wurde zum wert­vollen Gut, habe ich solche Termine anders „geführt“: Vorbe­rei­tung mit genauer Klärung aller Erwar­tungen im Vorfeld. Dedi­zierte Vorbe­rei­tung des Termins mit Inhalten und Abläufen. Anreise am Vorabend. Gut schlafen (endlich mal durch­schlafen) und am nächsten Tag Meeting von 9:00–13:00 Uhr mit klarem Ergebnis. Gemüt­liche und sichere Rückreise.

Learning:

Weniger ist mehr.

Lebens­zeit – die viel­leicht ehrlichste Währung

Menschen kaufen Menschen. Das ist das eherne Gesetz für den Projekt-Vertrieb im B2B. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass bei immer vergleich­ba­reren Lösungen der Mensch als vertrau­ens­voller Geschäfts­partner die ausschlag­ge­bende Rolle spielt. Nur – was macht, besser was erzeugt, vertrau­ens­volle Beziehungen?

Ein Faktor dabei ist: Lebenszeit.

Eine gute Beziehung aufzu­bauen und eine Beziehung zu pflegen, erfordert immer Zeit. Wir sind für den anderen da, wir gehen die Extrameile oder wir agieren außerhalb unserer Pflichten in seiner Mission. Also: Lebens­zeit ist das Elixier, was das ermög­licht und leider eine begrenzte Ressource ist. 86.400 Sekunden am Tag. Bei uns allen gleich viel.

Und die Ressource Lebens­zeit ist damit auch die viel­leicht ehrlichste Währung. An der Zeit, die andere uns schenken und in uns inves­tieren können wir ableiten, wie wichtig wir sind. Gerade aus dem privaten Umfeld kennen wir das auch: Bezie­hungen, in denen sich gegen­seitig keine Zeit geschenkt wird, erodieren. Mit ganz wenigen Ausnahmen.

Das Maß an Lebens­zeit entspricht also meist der Liebe oder Wert­schät­zung, die uns entge­gen­ge­bracht wird.

Learning:

Achte gut auf Deine Zeit.

Kern­aus­sagen

  • Einfache Tricks helfen, Meetings effek­tiver zu gestalten und am Ende Zeit zu sparen.
  • Um unsere Lebens­zeit optimal zu nutzen, müssen wir uns im B2B-Vertrieb auf die richtigen Projekte konzen­trieren. Techniken, wie konse­quentes Arbeiten mit Commit­ments helfen, diese zu identifizieren.
  • Die richtigen Akti­vi­täten zur richtigen Zeit können eine enorme Zeit­er­sparnis bedeuten.

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