»Wie blöd war ich …« In den Trainings erzähle ich die eine oder andere Geschichte, die ungefähr so anfängt. Oft sind das die passenden Erfahrungen aus meinem Business-Leben. Und leider sind sie oft wahr, denn bis wir erfolgreich sind, haben wir meist eine nicht unerhebliche Menge Lehrgeld bezahlt.
»Jetzt ist Urlaubszeit und ich muss wieder einmal eine solche Geschichte erzählen – ausnahmsweise privat, ganz aktuell und ein Meisterstück für das Thema Lernen durch Schmerzen. Auch und gerade für‘s Business.
Vorbereitung hat viele Dimensionen
“Be overprepared and then go with the flow”.
Das habe ich von meinem Trainer und Partner Klaus Amann vielfach gelernt. Und natürlich ist es mehr als richtig. Wie toll fühlt es sich an, einen sorgfältig vorbereiteten Kundentermin erfolgreich zu realisieren. Das ist die Grundlage für kreative Ideen, Spontanität und manchmal auch die gewisse provokative Note in solchen Begegnungen.
Und wie ungut ist es, ein schlecht vorbereitetes Gespräch gut über die Bühne zu bekommen. Klar, können wir oft auf Routine und Erfahrung zurückgreifen – anstrengend ist es allemal.
Gerade in der Praxis im Vertrieb fällt diese optimale Vorbereitung oft der Zeit und der Vielzahl der aktuellen Projekte zum Opfer. Kurz vor dem eigentlichen Termin bereiten wir uns noch schnell vor. Wir wissen ein bisschen was über den Kunden, die Website haben wir natürlich angeschaut. Und selbstverständlich sind die Slides aus unserer Vorlage zusammengestellt und mit dem Kundenlogo versehen. Und oft ist die Zeit dann auch schon ausgeschöpft.
Reicht das? Ihr ahnt es schon: Nein, bei Profis geht da mehr.
Vorbereitung 1: mehr als Kundenlogo und Branche
Natürlich – praktisch jeder im Vertrieb bereitet sich auf einen neuen Kunden oder Kundenbereich vor: Ansprechpartner, Standorte, Lösungen, Technologien, Branchen etc.
Interessant sind vielleicht ein paar Infos, die wenige akquirieren und doch sehr nützlich sind:
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Schlüsselworte: Wenn wir die Website intensiv lesen, erkennen wir es. Praktisch jeder Kunde nutzt seine eigene Sprache: Schlüsselworte und Begriffe, die aus seiner Welt kommen. Wenn wir solche Begriffe (nicht übertrieben) in unsere Darstellung einbauen, passiert psychologisch etwas ganz Wichtiges: unterbewusst erfolgt die Einordnung „das ist eine/einer von uns“.
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Mission und Werte: Was macht den Kunden aus. Welche Werte verkörpert er. Die Unternehmensgeschichte zu lesen ist also das eine – Mission oder Leitsätze in konkrete Werte herunterzubrechen erzeugt wiederum ein Stück mehr das gute Gefühl.
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Uniques / Stärken: Was macht den Kunden in seinem Markt stark oder sogar einzigartig. Was macht den Erfolg in bestimmten Bereichen aus. Oftmals bekommen wir Hinweise darauf, wenn wir uns ausgiebig mit dem Kunden beschäftigen.
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Challenges: Wir müssen nicht und können auch meist nicht Spezialist in der Kunden-Branche sein. Die wesentlichen aktuellen Trends oder Herausforderungen zu kennen ist wiederum machbar. Ein paar Google-Anfragen und wir sind schnell in die Welt der Kundenbranche eingetaucht. Spannend.
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Aktuelles: Stell Dir vor, Dein Unternehmen ist gerade die wichtigste Partnerschaft seit 10 Jahren mit großem Tamtam eingegangen und Dein ‚branchenspezialisierter‘ Gesprächspartner hat keine Ahnung davon. Schon ein Stück verloren. Richtig?
Also: aktuelle Veränderungen, Unternehmensnachrichten, Ankündigungen sind wiederum im Internet leicht zu recherchieren.
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Persönliches: Etwas Persönliches zu kennen schafft erst die Möglichkeit, den Aspekt im richtigen Moment einzusetzen. Oft sind es kleine Aspekte oder vielleicht Gemeinsamkeiten, die dann ein Verbindungsgefühl erzeugen. Gleiche Interessen, Orte, Gruppenzugehörigkeiten, Hobbies o. ä. verbindet einfach. Dabei geht es nicht darum, das Wissen darüber deutlich zu machen. Vielmehr erzeugt eine Bemerkung, der Verweis auf eigene Eigenschaften oder gleiche Geschichte unterbewusst ein Stück mehr Zusammenhalt.
Vorbereitung 2: Der persönliche Eindruck zählt.
Und dann gibt es noch eine weitere, sehr wichtige Dimension: Mich.
Das diskutieren wir in den Trainings sehr oft. Und vielfach wird dabei klar, wie viele vernachlässigen, AKTIV hierauf zu achten.
By failing to prepare, you are preparing to fail. – Benjamin Franklin
Dabei kennen wir das alle irgendwie, zumindest aus dem Sport. Ohne Vorbereitung kannst Du keine Höchstleistung bringen. Vor einem Marathonlauf ist nicht nur Training wichtig. Essen, Trinken, körperliches Herunterfahren etc. sind die Marker, ob es gut klappt.
Und im Business ist das nicht anders. Wir alle wissen: speziell in vertrieblichen Terminen kommt es nicht nur auf das WAS an, sondern oft noch stärker auf das WIE.
Wie klappt Beziehungsaufbau? Wie souverän, kompetent und doch partnerschaftlich bringen wir die Themen rüber? Wie oft erzeugen wir ein kleines „Wow“ beim Gegenüber? Das hat nun mal sehr viel damit zu tun, wie gut ich persönlich vorbereitet bin.
Zu meinen eigenen Learnings gehört sehr deutlich die Erfahrung, dass viele Zweit- und Dritt-Termine unnötig gewesen wären, wenn der erste Termin optimal vorbereitet gewesen wäre. Hätte, hätte, Fahrradkette – ja. Nur – ich bin sicher, viele Stunden, Tage und Wochen unschätzbar wertvoller Zeit für mich und meine Kunden wären durch optimale Vorbereitung effektiver anderweitig nutzbar gewesen.
Vieles gehört zur Vorbereitung:
- “Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance.” Daher überlassen wir diesen auch keinesfalls dem Zufall. Im Vorfeld zum Meeting klären wir mit dem Kunden seine konkreten Erwartungen. Dann sind Inhalte schon klar vorzubereiten. Nicht nur die Medien müssen wir planen, auch und gerade den Einstieg, die Begrüßung und ganz pragmatisch: den vielleicht unorthodoxe Auftakt für die Präsentation.
- Um eine peinliche Situation und unnötige Zeitverschwendung zu vermeiden, müssen Technik und Medien, die wir verwenden werden, gecheckt und vorbereitet sein, klar. Sicherheit schafft immer auch ein „Plan B“ – falls irgendetwas nicht laufen sollte wie geplant (kein oder schlechter Beamer, kein Flipchart, keine Stifte u. s. w.).
- Und dann ist da noch unsere ganz persönliche Vorbereitung: Um pünktlich und stressfrei beim Kunden anzukommen, planen wir vor allem die Anreise sorgfältig: haben alle Tickets und Informationen gesammelt zur Hand und einen großzügigen Zeitpuffer eingeplant.
Für das nötige Energielevel sind wir auch mal wieder selbst verantwortlich. Ist banal – und umso wichtiger.
Welches sind die grundlegenden Bedürfnisse um zu überleben?
Atmen. Schlafen. Trinken. Essen.
Genau in dieser Reihenfolge. Und es ist ganz einfach: Dies sind andersrum auch die wichtigsten Energielieferanten für unseren Kundentermin.
- Essen: Da ist natürlich nicht gemeint „viel hilft viel“. Wer am Abend zuvor übermäßig gegessen hat, wird am nächsten Tag noch leiden. Der Körper braucht Energien anderswo. Das ist kontraproduktiv. Auch direkt vor einem Termin ist viel Essen kritisch. Das Blut ist dann im Bauch.
- Trinken: Hier gilt ähnliches. Wer einen dicken Kopf von Alkohol hat, wird selten in der Lage sein, optimale Leistung zu bringen.
- Schlafen: Diese Ressource wird häufig unterschätzt. Im Schlaf regenerieren Körper und Geist. Ausreichend Schlaf ist eine Grundlage für ausreichend Energie am Tag.
- Atmen: In der Ruhe liegt die Kraft. Gute Konditionierung, stressfreie Anreise etc. und eine gute Fokussierung ermöglichen diesen Energielieferanten.
Noch ein kleiner Tipp zum Schluss: Wenn wir beim Kunden sind, ist es eine Sache von Respekt, auch 100% da zu sein: Nicht nur das Handy ist dann aus, sondern auch Smartwatch, Tablet und PC!
In der Diskussion, wie viel Zeit in die Vorbereitung fließen sollte, kommt dann fast immer nur ein Fazit heraus:
Zeit für Vorbereitung ist die am effektivsten investierte Zeit.
Vorbereitung – auch für den Urlaub
Und jetzt zurück zu meiner kleinen Geschichte.
Erholung bedeutet für mich persönlich sehr stark: Bewegung und Sport. Und so war’s auch dieses Jahr – nach der Corona-Pause ging’s mit meinen Freunden endlich mal wieder auf eine tolle und gleichzeitig anspruchsvolle MTB-Tour in Ligurien. OK – natürlich war ich nicht ganz so optimal trainiert, wie ich wollte. Für das allgemeine Tiefstapeln bei solchen Anlässen ist das jedoch eher gut.
Einiges an Lehrgeld habe ich bezahlt für die mangelnde Vorbereitung in Sachen Gerät. Nicht wirklich neu, aber noch einigermaßen frisch war mein MTB. Seit einem Jahr fahre ich 1x12, also nur noch die Schaltung hinten. Das spart Gewicht und ist – cool.
Nur – ohne ausreichende Übung ist das neue Schalten noch nicht im Unterbewusstsein angekommen. Und bei der erstbesten Situation habe ich das schmerzhaft erfahren müssen. In unkritischem Terrain war ich einfach etwas schneller unterwegs und statt auf das große Ritzel zu schalten hatte ich die Sattelstütze nach oben verstellt, was mich kurzfristig bei der nächsten Welle dann einfach mal in die Landschaft katapultiert hatte. Aua!
Die Tour war zwar, wie man sehen kann, beeindruckend und super schön – die Schmerzen von diesem Sturz am ersten Tag waren allerdings immer mit dabei. Auch ganz oben.
Ein bisschen schade. Nächstes Mal bereite ich mich wieder besser vor…
PS. Der Große mit dem roten Helm – der bin ich.
Kernaussagen
- Eine gute Vorbereitung fängt bei der Recherche der Lösungen und Branche des Kunden an, geht aber weit darüber hinaus.
- Neben der fachlichen Vorbereitung ist die persönliche Vorbereitung essenziell. Banal klingende Dinge wie Atmen, Schlafen, Trinken und Essen sind wichtig für eine optimale Vorbereitung.
- Die Extrameile lohnt sich. Hier können wir positiv überraschen und Wow-Effekte beim Gegenüber erzeugen.
- Zeit für Vorbereitung ist immer eine gut investierte Zeit – sowohl im Business als auch im Sport.